»Registrum« – Glückwunsch zu 100 Jahre BDLO
»Alles, was von Dauer ist,
hat eine Idee von Tragkraft
hat mit einem ersten Schritt begonnen
hat sich wandlungsfähig gezeigt
hat Krisen gemeistert
hat sich seinen Kern bewahrt
hat Lust an sich selbst
hat Hoffnung.
Alles, was von Dauer ist, weiß, dass das Morgen ungewiss ist.«
… diesen Text stellte der Komponist Christian W. Petersen in der Partitur den Noten seines Werkes voran, das er als Beitrag beim Kompositionswettbewerb des BDLO zu dessen 100-jährigen Bestehen einreichte. Sehr offensichtlich wird sogleich, dass sich der Stücktitel »Registrum« auf die Register eines sinfonischen Orchesters mit seinen unterschiedlichen Instrumentengruppen bezieht. Denn im Untertitel heißt es: »Jedes Register gratuliert mit einem Solo« – eine sehr charmante Idee! Und dieses Versprechen wird quasi subito eingelöst. Das 2023 entstandene Orchesterwerk beginnt mit einem Solo der Kontrabassgruppe, dem im Verlauf des Stückes nach und nach alle anderen Stimmgruppen mit ihren Register-Soli folgen. Deren sorgfältig ausgearbeitete Themen nehmen musikalisch aufeinander Bezug, so dass sich – trotz der dieser Aneinanderreihung innewohnenden »Gefahr« der Episodenhaftigkeit – ein ästhetischer und formgebender Zusammenhalt für die Zuhörenden herstellt. Dabei wirkt das dem Werk zugrunde liegende motivische Material zunächst recht einfach, bot aber gerade darum die notwendige Flexibilität bei der instrumentenspezifischen Ausgestaltung der diversen Gruppensoli. Registrum bleibt durchgehend im tonalen Rahmen, überrascht aber immer wieder mit spannenden Klangfarben und ungewöhnlichen Übergängen.
Auf eine weitere Bedeutung des Wortes »Register« – nämlich auf das »Archiv« – nimmt das Werk Bezug. Registrum entlehnt zahlreiche Figurationen unterschiedlicher Tonsprachen der europäischen Orchestertradition aus mehr als 250 Jahren und verweist so auf das breite musikalische Spektrum eines sinfonischen Klangkörpers im »Archiv der Musikgeschichte«.
Mit Registrum hat Christian W. Petersen eine Festmusik zum Jubiläum geschaffen, die den ansonsten in der Publikumswahrnehmung eher »im Schatten stehenden« Instrumentengruppen (wieviele Werke der Musikliteratur enthalten beispielsweise ein Gruppensolo für die 2. Violinen?) und insbesondere auch den Nicht-ersten-Bläsern Gelegenheit bietet, sich musikalisch zu präsentieren. Mitjuror Dr. Michael Goldbach hat dies in seiner Einschätzung dieses Werkes zurecht als Form der wertschätzenden »Verneigung« vor der Leistung aller Amateurmusikerinnen und -musiker bezeichnet.
Seine Uraufführung erlebte Registrum am 29. September 2024 im Kulturpalast Dresden im Rahmen des ersten der beiden Begegnungskonzerte mit dem Orchester Berliner Musikfreunde und dem Dresdner Orchester »medicanti«, das dabei unter der Leitung von Wolfgang Behrend musizierte. In den Proben hat sich gezeigt, dass sich der gewünschte festliche Charakter des Stückes noch besser zur Geltung bringen lässt, wenn die in den Noten vermerkte Tempoangabe (Viertel = 120) wohlwollend ignoriert und stattdessen ein etwas flotteres Tempo in alla breve gewählt wird. Dem anwesenden Komponisten hat’s gefallen …
Christian W. Petersen
studierte Horn bei Prof. Kurt Palm an der Hochschule für Musik »Hanns Eisler« Berlin und später Kulturmanagement an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg.
Als Hornist spielte Petersen in verschiedenen Ensembles von Jazz bis Klassik. Konzertreisen mit namhaften Ensembles wie der Kammersymphonie Berlin, dem Leipziger Kammerorchester oder dem Mendelssohn Kammerorchester führten ihn quer durch Europa und bis nach Asien. Bevor Petersen sich seinem kompositorischen Schaffen widmete, arbeitete er auch außerhalb des musischen Bereichs, wie etwa Anfang der 1990er-Jahre als Persönlicher Referent des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Schwerin, in Medienunternehmen in den USA und den Niederlanden sowie an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam. Heute lehrt Christian Petersen an der Musikschule »Béla Bartók« Berlin.
Seine Werke erlebten herausragende Uraufführungen – so sein Streichquartett in der Konzertreihe des Konzerthauses Berlin, das Konzert für Viola und Orchester mit dem Leipziger Sinfonieorchester, sein Konzert für zwei Fagotte und Orchester in Tampa (Florida, USA) sowie nicht zuletzt »Moritz und Lotte«, die musikalische Geschichte zur Verkehrserziehung und »Das hässliche Entlein« – beide Werke wurden vom Polizeiorchester Thüringen uraufgeführt.
Christian W. Petersen war mehrmals in Projekten des Bundesamateurorchesters als Dozent für die Blechbläser tätig.