Zu seinem Jubiläum BDLO100 hat der Verband einen Kompositionswettbewerb ausgeschrieben. Als Anforderungen an die Komponisten waren drei Punkte genannt:
• Große sinfonische Besetzung im Schwierigkeitsgrad für ein leistungsfähiges Amateurorchester
• Dauer 8 bis 10 Minuten
• Wünschenswert wäre ein inhaltlicher Bezug zum BDLO und dessen 100-jährigem Bestehen
Aus den eingesandten 19 Musikstücken wählte eine Jury das Werk »Capriccio ad iubilaeum« des Bremer Komponisten Florian Poser aus, das am 5. Oktober 2024 in der Elbphilharmonie seine Uraufführung erlebt hat. Sein Untertitel: »Ein heiteres Orchesterstück« – und das ist es auch: eine fröhliche, frische, lebendige Musik, die Laune zum Spielen und Zuhören macht.
Mit dem Wettbewerb sah sich der BDLO einmal mehr einem Anliegen verpflichtet, das von Beginn an eine wichtige Rolle in seiner Arbeit spielt: Die Förderung neuer Musik. Nun lässt sich trefflich darüber streiten, was neue Musik sei, was sie ausmacht und was nicht – allein das Lexikon MGG (Die Musik in Geschichte und Gegenwart) verwendet 47 Spalten auf diesen Begriff (1). In diese Auseinandersetzung wollen wir uns aber für heute nicht begeben, zumal weitere Begrifflichkeiten die Sachlage durchaus komplizieren: Moderne Musik, zeitgenössische Musik, neuere Musik, avantgardistische Musik …
Vielmehr sollen einige Belege dafür erbracht werden, wie wichtig dem Verband die Beschäftigung »seiner« Orchester auch mit zeitgenössischen Kompositionen seit jeher ist. Eine diesbezügliche Fundgrube stellt vor allem unsere Verbandszeitschrift »Das Liebhaberorchester« dar, die – zunächst unter dem Namen »Der Dreiklang« – 1926 erstmals herauskam und, mit gelegentlichen Unterbrechungen, bis 2020 in der Regel zwei- oder dreimal jährlich erschien.
Schon in der ersten »vorläufigen Satzung« wird als eines der Verbandsziele die »Pflege der modernen Musik durch Aufführungen zeitgenössischer Werke« genannt. (2) In den 50er-Jahren versuchte der damalige Bundesvorsitzende Georg Mantze »mit der Vergabe von Uraufführungen […] die Liebhaberorchester an die zeitgenössische Musik heran[zu]führen.« (3)
Auch wurden bei den alle zwei Jahre stattfindenden Bundestagungen immer auch neue Werke aufgeführt. Durchgehend findet man im »Liebhaberorchester« Besprechungen von Neuerscheinungen, vielfach auch neuer Kompositionen. Ab 1998 gab es die Rubrik »Uraufführungen und besondere Konzerte« und immer wieder erschienen Artikel, die zur Beschäftigung mit zeitgenössischer Musik ermuntern.
Vermutlich hat sich seither die Priorität etwas mehr in den Bereich der Romantik verschoben, aber die Musik der letzten 100 Jahre fristet wohl immer noch eher ein Schattendasein im Interesse unserer Mitglieder. Allen aber, denen die neue Musik am Herzen liegt, sei folgendes Zitat von Paul Hindemith (1895-1963) mitgegeben: »Wichtig ist immer das, was heute geschieht. Wer sich in die Historie zurückzieht, ist feige. Seine Kraft geht der heutigen Musik verloren, die darum längere Zeit benötigen wird, sich auf eine höhere Stufe zu entwickeln. Nicht alle alte Musik ist gut. Früher hat es auch Schund gegeben. Er sollte heute ebensowenig gespielt werden wie neuzeitlicher Unfug. Es wäre zu wünschen, daß die Zusammenarbeit zwischen den produzierenden Musikern und den konsumierenden Laien inniger würde. Durch ständiges gemeinschaftliches Arbeiten wird es dem Komponisten sicher möglich sein, die Literatur zu schreiben, die der musizierende Laie braucht, wie er dem Laien helfen wird, seinen Geschmack zu bilden, seine musikalische Erziehung zu fördern und ein noch wichtigerer Faktor im Musikleben zu sein als er heute schon ist.« (5)
Die Jury des Kompositionswettbewerbs waren:
• Tobias Engeli (Dirigent)
• Dr. Michael Goldbach (UMD i.R)
• Judith Kubitz (Dirigentin der Uraufführung)
• Matthias Pagenkopf (BDLO-Präsidium)
1) Danuser Hermann, Neue Musik, in: MGG neu, Kassel u.a. 1997, S. 75ff
2) Wolfgang Schäfer, Der Bund deutscher Orchestervereine 1924-1928, in: 75 Jahre BDLO 1924-1999, hrsg. vom Bund Deutscher Liebhaberorchester e.V., Fürth 1999, S. 13
3) ebenda, S. 45
4) Claudia Kayser-Kadereit: Das Laiensinfonieorchester im Horizont von Anspruch und Wirklichkeit, Osnabrück 2002, S. 61
5) Paul Hindemith, ohne Titel in: Das Liebhaberorchester, 15. Jg., Heft 1/ 2, 1967, S. 8


